Mittwoch, 2. April 2008

Poetischer Wortschatz (Forts.)


– traumverloren –
( II )

"Nannette wandte sich ihr zu, wie traumverloren, mit dem Gesichte einer Nachtwandlerin: 'Den Brief', flüsterte sie, 'um ihn zu verbrennen. Aber – er ist schon verbrannt.'" – Aus: Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916): Bozena. Stuttgart: J. G. Cottasche Buchhandlung 1876.

"Das Bild, aus dem sie unvergänglich jung und lieblich herabsah, war in ihrem achtzehnten Jahre, dem ersten Jahre ihrer Ehe, gemalt worden. Es stellte sie dar in einem weißen Spitzenkleide, mit bloßem Halse, mit nachlässig herabhängenden Armen, eine weiße, kaum aufgeblühte Rose in der Hand. Den Kopf leicht vorgeneigt, schien sie traumverloren zu lauschen. Maria besann sich noch, sie so gesehen zu haben im Konzert, in der Oper, und auch wenn der Vater oder sie zu ihr sprachen." – Aus: Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916): Unsühnbar. Berlin: Gebrüder Paetel 1890.

"Und die Mädchen, die vor Tür und Toren
Halbverschlafen in die Sonne sehn,
Strecken sich und fragen traumverloren:
Wo doch nur die vielen Rosen stehn?" – Aus:
Gustav Falke (1853 – 1916): Der schlafende Wind. – In:
Mit dem Leben. Neue Gedichte. Hamburg: Janssen 1899.


"Auf oft betretner Fährte des Gedankens,
Vergißt er, traumverloren, Zeit und Welt;
Er steigt ins eigne Herz hinab und schreibt:" – Aus:
Theodor Fontane: Sir Walter Raleighs letzte Nacht (1851/52)


"An die Möglichkeit eines solchen Wechsels schien Kitty in dieser Stunde nicht zu denken. Mit abgöttischer Andacht hing ihr Blick an dem Bild, und traumverloren flüsterte sie vor sich hin: 'Wie glücklich er sein wird! Wie glücklich!'" – Ludwig Ganghofer (1855 – 1920): Schloß Hubertus. Stuttgart: Bonz 1895.

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HELMUT ZEH

† 1. Juli 2005

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