von Heinrich Heine (1797 – 1856)
In der Hand die kleine Lampe,
In der Brust die große Glut,
Schleichet Psyche zu dem Lager,
Wo der holde Schläfer ruht.
Sie errötet und sie zittert,
Wie sie seine Schönheit sieht –
Der enthüllte Gott der Liebe,
Er erwacht und er entflieht.
Achtzehnhundertjährge Buße!
Und die Ärmste stirbt beinah!
Psyche fastet und kasteit sich,
Weil sie Amorn nackend sah.
Infomationen zu "Amor und Psyche"
Clarisse1 - 9. Apr, 14:56
von Theobald Tiger [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]
Da seht aufs neue dieses alte Wunder:
Der Osterhase kakelt wie ein Huhn
und fabriziert dort unter dem Holunder
ein Ei und noch ein Ei und hat zu tun.
Und auch der Mensch reckt frohbewegt die Glieder –
er zählt die Kinderchens: eins, zwei und drei . . .
Ja, was errötet denn die Gattin wieder?
Ei, ei, ei
ei, ei
ei!
Der fleißige Kaufherr aber packt die Ware
ins pappne Ei zum besseren Konsum:
Ein seidnes Schnupftuch, Nadeln für die Haare,
die Glitzerbrosche und das Riechparfuhm.
Das junge Volk, so Mädchen wie die Knaben,
sucht die voll Sinn versteckte Leckerei.
Man ruft beglückt, wenn sies gefunden haben:
Ei, ei, ei
ei, ei
ei!
Und Hans und Lene steckens in die Jacke,
das liebe Osterei – wen freut es nicht?
Glatt, wohlfeil, etwas süßlich im Geschmacke,
und ohne jedes innre Gleichgewicht.
Die deutsche Politik . . . Was wollt ich sagen?
Bei uns zu Lande ist das einerlei –
und kurz und gut: Verderbt euch nicht den Magen!
Vergnügtes Fest! Vergnügtes Osterei!
Clarisse1 - 8. Apr, 23:58
von Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]
Der Vorsitzende der Freien Wirtschaftsvereinigung deutscher Osterhasen, Herr Osterhase Mönkemeyer, empfing mich freundlich und honett. „Aber bitte!“ sagte er. Ich trat näher.
Das große Bureauzimmer enthielt lauter große Schränke, die an den Wänden standen, bis zur Decke hinauf reichten Regale und Fächer. Und darinnen standen und lagen Eier in allen Formen, längliche und kugeldicke, kubistische und altmodische, grüne, gelbe und blaue. Ich sah Herrn Mönkemeyer fragend an. Er wackelte mit dem Sterz.
„Ich weiß alles“, sagte er. „Ich sei ein verrostetes Symbol, sagen die Leute, es sei lächerlich, heute noch anzunehmen, daß Hasen Eier legten, wo nicht einmal die Hennen genügend legen – Ostereier kaufe man fix und fertig zu Höchstpreisen in den Schokoladengeschäften – und wir Osterhasen sollten überhaupt machen, daß wir wegkämen. Überholt? Ich weiß doch nicht …“ Er bewegte nachdenklich die Ohren.
„Aber so schlimm ist es wirklich nicht!“ beeilte ich mich höflich zu erwidern. „Die Menschen sind vielleicht zur Zeit ein wenig stark mit anderen Dingen überlastet …“ „Sagen Sie nichts“, sagte Herr Mönkemeyer. „Ich weiß alles. Wir sind abgemeldet. Aus. Vorbei. Und waren doch einmal so viel … Da – sehen Sie!“
Und Herr Mönkemeyer hoppelte an die Schränke, richtete sich auf den Hinterbeinen auf und entnahm dem Gefach ein Ei und noch ein Ei und viele, viele Eier. Er erklärte.
„Unsere Organisation ist Tausende von Jahren alt. Hier haben Sie ein prähistorisches Ei. Da.“ Ein runder Stein, den man allenfalls für ein Ei ansprechen konnte, lag vor mir. Die grobe Hand eines Diluvialmenschen hatte ein Hakenkreuz darauf gemalt. Gerührt betrachtete ich den Stein. „Es muß viele Mühe gemacht haben, dergleichen zu legen …“ sagte ich schüchtern. Herr Osterhase Mönkemeyer nickte stolz. „Das waren noch Konstitutionen“, sagte er. „Und hier“, fuhr er fort, „das ist ein griechisch-römisches Ei.“ Eine pompös angemalte Sache stand da vor mir auf dem Tisch – eine kleine Madonna hielt ein Jesukindlein im Arm, das Ganze ein Meisterwerk der Miniaturmalerei. Mönkemeyer geriet in Feuer.
„Wir haben eine Tradition“, sagte er, „eine Geschichte! Eine Überlieferung, Herr! Da – und da – und da –!“ Und legte ein Nürnberger Ei auf den Tisch und ein Ei aus dem Dreißigjährigen Krieg mit einer Inschrift: „Gib Frieden, Herr!“ und ein Ei aus dem Schatz des Kaisers von China, dünn und leicht wie eine Teeschale…
„Ja“, sagte ich. „Sie waren fleißig, Ihre Vorfahren –.“ „Kommen Sie an die Schränke“, sagte Mönkemeyer, „kommen Sie, sehen Sie!“ – Und ich sah und sah, und alte Zeiten wurden lebendig:
Biedermeierisch und zart bemalt standen da kleine Porzellaneierchen in Reih und Glied, in einem war eine kleine Spieluhr angebracht, die zimperte, stellte man das Ei auf den Kopf, „Denkst du daran, mein tapferer Lagienka!“, und Eier aus der weiland königlich preußischen Porzellanmanufaktur waren da mit vielen Zieraten und französische Eier und Eier aus der wilhelminischen Ära (furchtbar bunt und gänzlich hohl) und Kriegsgreueleier, auf denen schnurrbärtig abkonterfeit worden zu sein keinem Heerführer erspart war, und Eier, Eier, Eier… Mönkemeyer sah mich erwartungsvoll an: „Na?“ sagte er.
Ich rang nach Worten: „Das sind gewiß sehr schöne Attribute Ihrer Industrie“, sagte ich. „Sehr schöne Attribute – Und es steht gewiß zu hoffen, dass… auch fürderhin…“ „Papp!“ sagte der Hase. „Ich glaube, es ist vorbei. Es ist alles vorbei!“ Seine treuen Augen umflorten sich. „Ich weiß doch nicht“, sagte ich.
„Herr Pressevertreter“, sagte der Hase Mönkemeyer, „glauben Sie, wir, die Freie Wirtschaftsvereinigung Deutscher Osterhasen, wir sähen nicht? Wir wissen genau, was vor sich geht. Die Welt ist desillusioniert. Die Leute glauben an gar nichts mehr. Die Formen sind zerbrochen. Was ist ihnen heute Quadrille, Sonett, Etikette, Sitten und Gebräuche?... Es geht alles drunter und drüber. Da bröckelt etwas ab, hier löst sich etwas auf – alles, was gewesen ist, geht langsam dahin – was ist Weihnachten, Ostern, Pfingsten. – Und was war es früher?“ Er seufzte. Ich versuchte zu trösten.
„Nein“, sagte er, „lassen Sie nur. Wir danken ab. Es scheint aus zu sein. Was ist das für eine Generation! Was für Menschen! Wohin treiben wir?“ Er tat mir leid. Und da sagte ich ihm etwas, ihm, dem Hasen, das ich bisher noch keinem Menschen gesagt hatte.
Ich sprach: „Herr Mönkemeyer! Gewiß zerbrechen die alten Formen. Und vielleicht ist das ganz gut so. Gewiß schwindet das Alte dahin, gewiß glaubt heute kein Mensch – und auch die Kinder nicht – an das Alte, das einst der Lebensinhalt alter Generationen gewesen ist. Gewiß bemühen sich manche krampfhaft, so zu tun, als sei nichts vor sich gegangen, als könne man noch mit den alten Mitteln auf den alten Wegen die alten Zwecke erreichen. Gewiß: so ist das. Und Ihre Wirtschaftsvereinigung hat es schwer – ja, das sehe ich ein. Aber, Herr Mönkemeyer, solange es Menschen auf der Erde gibt, werden sie Stunden haben, in denen sie den ganzen Kram um sich herum vergessen und selig anfangen zu spielen. Mit dem Leben zu spielen, mit Blumen, mit Mädchen, mit den Dingen, und mit den Erinnerungen. Stunden, in denen es ihnen klar wird, daß es ja schließlich – bei aller Achtung vor den Metaphysikern – nicht darauf ankommt, einer Idee zu dienen, sondern, entschuldigen Sie das verpönte Wort, zu leben. Und glücklich zu sein. Und dazusein. Und wenn all Ihre Eier hier zerschlagen sein sollten –: die Menschen werden sich etwas Neues ausdenken. Oder untergehen. Es geht nicht alleine mit dem Verstand, es geht wirklich nicht. Wir brauchen die Form, das verspielte Zeug, die Frauen – und die Osterhasen. Wir brauchen sie, lieber Herr Mönkemeyer, wir brauchen Sie!“ –
Die Augen des Osterhasenvorsitzenden leuchteten. „Glauben Sie?“ sagte er fröhlich. „Glauben Sie wirklich?“
Ich nahm meinen Hut. „Ich weiß es“, sagte ich langsam. Und da griff der Osterhase Mönkemeyer in den braunen Mahagonischrank und reichte mir ein Ei aus der Zeit der Barock, mit Girlanden und Putten bemalt, zart angetuscht, zierlich und hellblau. Und ein Spruch stand darauf. Ich las:
»WEIL LIEBE NICHT GELIEBT IST, MUSS ICH WEINEN.«
Clarisse1 - 8. Apr, 12:27
von Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]
Lügen haben kurze Beine, viele Frauen aber auch, das beweist also nichts. Wie kommt es nur, daß viele Lügen überhaupt ans Tageslicht gelangen –?
Das kommt daher, daß die meisten Lügner kein gutes Gedächtnis haben. Wer lügt, muß aber ein sehr gutes Gedächtnis haben. "Du hast doch aber neulich gesagt . . ." so fängt es an, und dann setzt der arme geängstigte Mann, denn Frauen sagen stets die Wahrheit, setzt der Mann auf die alte Lüge eine neue. Das bekommt ihm meist nicht gut. Als alter, erfahrener Lügner kann ich nur sagen: meine Schwindeleien sind alle herausgekommen, weil ich nicht ordentlich aufgepaßt habe. Frauen passen schrecklich auf . . .
Diesem Übelstand verdient, abgeholfen zu werden. Zu solchem Behufe wäre es vielleicht angängig, wenn jeder, der da löge, sich eine Lügen-Kartei zulegte, damit er wenigstens weiß, was er so zusammengelogen hat. Es fällt zum Beispiel sehr auf, wenn man am Dienstag erzählt hat, man habe ein Konto auf einer großen Bank, und wenn man am Freitag plötzlich viel Geld ausgibt – das reimt sich nicht zusammen. Nicht jeder hat die Geistesgegenwart jener Frau, auf deren Bett der Ehemann ein paar, mit Verlaub zu sagen, Hosenträger fand. "Du hast einen Liebhaber!" rief er aus. Und die gekränkte Frau sprach würdevoll: "Erstens habe ich keinen Liebhaber, und zweitens hat er keine Hosenträger!" Auch lügen will gelernt sein.
Man lüge konsequent, während man abrupt die Wahrheit sagen kann. Wobei es einem dann freilich geschehen kann, daß die Wahrheit von keinem geglaubt wird, sie ist ja auch mitunter recht abenteuerlich, die Wahrheit. Man lüge also konsequent, und vor allem: man merke sich genau, was man gesagt hat: es muß eins zum andern kommen. Man trage also in die Kartei ein:
"Am 14. zu Lilly gesagt, daß schon als Knabe freigeschwommen" und:
"Gestern am Stammtisch behauptet, Englisch zu können" – und so fort. Von den komplizierteren Lügengebilden wie Geschäftsberichten, Eifersuchtsaffären und Parteiprogrammen ganz zu schweigen. Man gehe da mit der allergrößten Vorsicht ans Werk – und ohne daß die Sache kräftig durchorganisiert ist, läßt sich das überhaupt nicht machen.
Ganz besonders wichtig ist die Kartei bei den sogenannten 'Notlügen', die etwa 101 v. H. der gesamten Lügen ausmachen. Leider gibt es so wenig Leute, die aus reiner Freude am Lügen lügen; schon Oscar Wilde klagte bekanntlich über den Verfall des Lügens. Lügen ist eine Kunst, eine große Kunst – was stümpern die Leute da herum . . .
Die Kartei allein tuts freilich auch nicht. Man probiere vor dem Spiegel – der Mund lügt, aber ehe die Augen mitlügen, das ist eine große Sache. Es flirrt da etwas in ihnen, es flimmert, es zwinkert – also das ist gar nicht einfach. Doch wird nach der Spiegelprobe die Kartei hoffentlich einen Fehler verhüten, den die meisten Lügner begehen: sie lügen zuviel. Sie übertreiben. Es stimmt alles zu genau. Man lüge wenig, spreche möglichst wenig von dem, was man da zu verbergen hat – damit kommt man noch am allerweitesten.
Ich für mein Teil bin ja nie weit gekommen. Wenn ich sagte: "Gestern abend war ich im Verein", dann sagt Lieschen: "Merkwürdig, daß du da nicht mit abgebrannt bist", und wenn ich sage: "Reizend ist Ihr Buch, das Sie mir gegeben haben", dann sagt der Autor: "Entschuldigen Sie – aber ich hatte Ihnen aus Versehen ein altes Kochbuch gegeben", und mir nützt keine Kartei etwas. Infolgedessen habe ich mir angewöhnt, mit Aplomb die Wahrheit zu sagen, mit dem Erfolg, daß mir die Leute nun überhaupt nichts mehr glauben. Wirklich geglaubt werden nur Lügen.
Die Lügen-Kartei, D. R. G. M., sollte jedermann wenigstens in der Taschenausgabe bei sich tragen; sie wird ihm viele Verlegenheiten ersparen. Ich hatte auch eine. Leider habe ich sie gestern bei Freunden liegen lassen, und nun will ich in einen wohlverdienten und längeren Urlaub gehen – die Stadtluft bekommt mir nicht.
Clarisse1 - 5. Apr, 20:25
von Rainer Maria Rilke (1875 – 1926)
Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
O süßes Lied.
Clarisse1 - 4. Apr, 10:43
Mit der Entfernung von meinem Tisch wächst die Schlechtigkeit des Feuilletons.Feuilletonisten sind verhinderte Kurzwarenhändler. Die Eltern zwingen sie zu einem intelligenten Beruf, aber das ursprüngliche Talent bricht sich doch Bahn.Feuilletonisten und Friseure haben gleich viel mit den Köpfen zu schaffen.Der Friseur erzählt Neuigkeiten, wenn er bloß frisieren soll. Der Journalist ist geistreich, wenn er bloß Neuigkeiten erzählen soll. Das sind zwei, die höher hinaus wollen.Karl Kraus (1874 – 1936)
Clarisse1 - 3. Apr, 16:59
Ich weiß nicht, ob der Philister ein Vakuum im Weltenraume vorstellt oder ob er nur die Wand ist, die von dem Geist durch eine Toricellische Leere getrennt bleibt. Aber ob Minus oder Schranke, er muß gegen die Kunst prinzipiell feindselig reagieren. Denn sie gibt ihm ein Bewußtsein, ohne ihm ein Sein zu geben, und sie treibt ihn in die Verzweiflung eines cogito ergo non sum. Sie würde ihn zum Selbstmord treiben, wenn sie nicht die Grausamkeit hätte, ihn bei lebendigem Leibe zum Beweise seiner Nichtexistenz zu zwingen. Ob ein Bild gemalt oder ein Witz gemacht wird, der Philister führt einen Kampf ums Dasein, indem er die Augen schließt oder sich die Ohren zuhält.Karl Kraus (1874 – 1936)
Clarisse1 - 2. Apr, 16:31
von Alfred Lichtenstein (1889 – 1914)
Auf faulen Straßen lagern Häuserrudel,
Um deren Buckel graue Sonne hellt.
Ein parfümierter, halbverrückter kleiner Pudel
Wirft wüste Augen in die große Welt.
In einem Fenster fängt ein Junge Fliegen.
Ein arg beschmiertes Baby ärgert sich.
Am Himmel fährt ein Zug, wo windge Wiesen liegen;
Malt langsam einen langen dicken Strich.
Wie Schreibmaschinen klappen Droschkenhufe.
Und lärmend kommt ein staubger Turnverein.
Aus Kutscherkneipen stürzen sich brutale Rufe.
Doch feine Glocken dringen auf sie ein.
In Rummelplätzen, wo Athleten ringen,
Wird alles dunkler schon und ungenau.
Ein Leierkasten heult und Küchenmädchen singen.
Ein Mann zertrümmert eine morsche Frau.
Clarisse1 - 1. Apr, 12:42
Der Geist enttäuscht im persönlichen Verkehr, aber die Dummheit ist immer produktiv. Läßt man sie auf den Geist einwirken, so kann sie eine vollständige Ermüdung erzeugen, während dieser auf die Dummheit keinerlei belebenden Einfluß hat. Wie man im Gespräch mit einem Schwachkopf körperlich verfällt, wie die Gesichtsfarbe fahl und die Haut schlaff wird, das sollte ein medizinisches Problem sein. Man hat vielleicht um ein Pfund abgenommen, und das ist, wie jede forcierte Abmagerungskur, bedenklich.Karl Kraus (1874 – 1936)
Clarisse1 - 31. Mär, 11:35
Ich bin für eine Zersplitterung der Dummheit. Es tut nicht gut, wenn sie wochenlang auf einen Punkt konzentriert ist.Es ist eine schreckliche Situation, dazuliegen, wenn die Pferdehufe der Dummheit über einen hinweggegangen sind, und weit und breit keine Hilfe!Wie souverän doch ein Dummkopf die Zeit behandelt! Er vertreibt sie sich oder schlägt sie tot. Und sie läßt sich das gefallen. Denn man hat noch nie gehört, daß die Zeit einen Dummkopf vertrieben oder totgeschlagen hat.Karl Kraus (1874 – 1936)
Clarisse1 - 30. Mär, 17:11
Die Bescheidenheit des menschlichen Geistes ist unersättlich.Karl Kraus (1874 – 1936)Übertriebene Bescheidenheit ist auch Eitelkeit.August von Kotzebue (1761 – 1819)
Clarisse1 - 28. Mär, 09:14
Es hat noch niemand etwas Ordentliches geleistet, der nicht etwas Außerordentliches leisten wollte.Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916)
Clarisse1 - 27. Mär, 23:41
Er hatte so eine Art sich in den Hintergrund zu drängen, daß es allgemein Ärgernis erregte.Karl Kraus (1874 – 1936)
Clarisse1 - 26. Mär, 09:59
Der Ziffer Rache
von Christian Morgenstern (1871 – 1914)
Ein Kurgast in einer Gebirgs-Sommerfrische, stets geneigt, dem Schwarm zu entfliehen und einsame Stätten aufzusuchen, entdeckt eine köstlich verborgene Bank unter allerlei Busch- und Baumwerk; hat jedoch allen Grund zu der Befürchtung, auch dort gestört und vertrieben zu werden. Er malt daher, in Erwägung des gewöhnlichen Vorurteils, klug eine große Dreizehn auf ihre Lehne, nicht wenig sicher, sein Glück damit befestigt zu haben.
Tagelang genießt er so, ob auch nicht völlig heiteren Gewissens, die Frucht seiner Klugheit, bis er eines Tages die Bank besetzt findet. Eine junge Schauspielerin hat sie mit Beschlag belegt, entzückt, die Ziffer, die ihr Geburtstag, ihr Konfirmationstag, ihr erstes Liebesrendezvous, ihr erster Engagementstag, ihr erster Erfolg – kurz, die schier jeder ihrer Glückstage trägt und die sie darum abgöttisch verehrt, auch hier an diesem schönen Orte in so reizender Umgebung wiederzufinden. Überrascht will der unglückliche Spieler zurücktreten, aber die anmutige Dame lädt ihn zum Bleiben ein, entlockt ihm binnen kurzem sein Geheimnis und wird noch am selben Tage – das Unglück seines Lebens.
Clarisse1 - 25. Mär, 12:06
Von der Eifersucht. Ich sagte zu Germaine: »Heute nacht habe ich von dir geträumt – aber wie!« Sie zog die Stirn kraus. »Alors tu m'as trompée avec moi!« sagte sie.
Wenn die geliebte Frau mit einem andern Mann flirtet, erscheint sie uns leise lächerlich. Die Steine des Kaleidoskops, das wir so gut kennen, geben ein neues Bild; wir sehn sie zum erstenmal gewissermaßen von der Seite. Eifersucht macht kritisch. Wenn Männer mit einer für sie neuen Frau beschäftigt sind, gilt das natürlich alles nicht.Kurt Tucholsky (1890 – 1935)
Clarisse1 - 23. Mär, 11:50