Die Bescheidenheit, die zum Bewußtsein kommt, kommt ums Leben.Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916)
Clarisse1 - 26. Jul, 00:04
Um Philanthrop zu bleiben, enthalte man sich e i n e s Übels: der Menschenkenntnis.Emanuel Wertheimer (1846 – 1916)
Clarisse1 - 25. Jul, 06:31
von Christian Morgenstern (1871 – 1914)
Ein nervöser Mensch auf einer Wiese
wäre besser ohne sie daran;
darum seh er, wie er ohne diese
(meistens mindstens) leben kann.
Kaum, daß er gelegt sich auf die Gräser,
naht der Ameis, Heuschreck, Mück und Wurm,
naht der Tausendfuß und Ohrenbläser,
und die Hummel ruft zum Sturm.
Ein nervöser Mensch auf einer Wiese
tut drum besser, wieder aufzustehn
und dafür in andre Paradiese
(beispielshalber: weg) zu gehn.
Clarisse1 - 24. Jul, 09:23
Ich habe das unveräußerliche, verfassungsmäßige und naturgegebene Recht zu lieben, wen ich will. So lang oder so kurz zu lieben, wie ich kann. Diese Liebe, wenn es mir gefällt, jeden Tag einem anderen zu schenken. Victoria Woodhull (1838 – 1927)
Informationen über die bekannteste US-amerikanische Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts, die sich 1872 sogar um das Präsidentschaftsamt bewarb, finden sich zum Beispiel hier und hier.
Clarisse1 - 22. Jul, 13:16
von Gottfried August Bürger (1747 – 1794)
Meine Liebe, lange wie die Taube,
Von dem Falken hin und her gescheucht,
Wähnte froh, sie hab' ihr Nest erreicht
In den Zweigen einer Götterlaube.
Armes Täubchen! Hart getäuschter Glaube!
Herbes Schicksal, dem kein andres gleicht!
Ihre Heimat, kaum dem Blick gezeigt,
Wurde schnell dem Wetterstrahl zum Raube.
Ach, nun irrt sie wieder hin und her!
Zwischen Erd' und Himmel schwebt die Arme,
Sonder Ziel für ihres Flugs Beschwer.
Denn ein Herz, das ihrer sich erbarme,
Wo sich noch einmal, wie einst, erwarme,
Schlägt für sie auf Erden nirgends mehr.
Clarisse1 - 21. Jul, 14:13
Der Unterschied zwischen den Psychiatern und den anderen Geistesgestörten, das ist etwa das Verhältnis von konvexer und konkaver Narrheit.Karl Kraus (1874 – 1936)
Clarisse1 - 20. Jul, 09:43
von Theobald Tiger [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]
Frauen von Freunden zerstören die Freundschaft.
Schüchtern erst besetzen sie einen Teil des Freundes,
nisten sich in ihm ein,
warten,
beobachten,
und nehmen scheinbar teil am Freundesbund.
Dies Stück des Freundes hat uns nie gehört –
wir merken nichts.
Aber bald ändert sich das:
Sie nehmen einen Hausflügel nach dem andern,
dringen tiefer ein,
haben bald den ganzen Freund.
Der ist verändert; es ist, als schäme er sich seiner Freundschaft.
So, wie er sich früher der Liebe vor uns geschämt hat,
schämt er sich jetzt der Freundschaft vor ihr.
Er gehört uns nicht mehr.
Sie steht nicht zwischen uns – sie hat ihn weggezogen.
Er ist nicht mehr unser Freund:
er ist ihr Mann.
Eine leise Verletzlichkeit bleibt übrig.
Traurig blicken wir ihm nach.
Die im Bett behält immer recht.
Clarisse1 - 19. Jul, 08:50
Ich kann von meinem Kummer sagen, was der Engländer von seinem Haus sagt: Mein Kummer is my castle.Søren Kierkegaard (1813 – 1855)
Clarisse1 - 17. Jul, 08:47
Manch einer pflegt seine Ängste, um einen Mangel an Charakter zu verschleiern.
Clarisse1 - 16. Jul, 15:49
von Christian Morgenstern (1871 – 1914)
Erste große Perlen fallen
wie aus grober Siebe Augen . . .
Hell des Daches Bleche knallen,
Feld und Straße sprühn und saugen . . .
Laut betupft es Laub und Matten . . .
Sind es Tropfen, sind es Schloßen?
Da zerreißt ein Blitz die Schatten –
Und der Regen kommt geschossen.
Clarisse1 - 15. Jul, 12:25
Es müßte ein geistiger Liftverkehr etabliert werden, um einem die unerhörten Strapazen zu ersparen, die mit der Herablassung zum Niveau des heutigen Schrifttums verbunden sind. Wenn ich wieder zu mir komme, bin ich immer ganz außer Atem.Karl Kraus (1874 – 1936)
Clarisse1 - 13. Jul, 04:54
Dem Melancholiker geht die Sonne schon des Morgens unter.Emanuel Wertheimer (1846 – 1916)
Clarisse1 - 12. Jul, 08:49
Es gibt in der Kunst ein unumstößliches Gesetz. Was einer recht auffällig ins Schaufenster legt, das führt er gar nicht. Brecht keine Männlichkeit, Keyserling keine Weisheit und Spengler keine Ewigkeitsperspektive.Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]
Und dieses Gesetz soll nur in der Kunst gelten?
Clarisse1 - 11. Jul, 08:09
von Karoline Louise von Klenke (1754 – 1802)
O du, wenn deine Lippen mich berühren,
Dann will die Lust die Seele mir entführen.
Ich fühle tief ein namenloses Beben
Den Busen heben.
Mein Auge flammt,
Glut schwebt auf meinen Wangen;
Es schlägt mein Herz ein unbekannt Verlangen;
Mein Geist, verirrt
In trunkner Lippen Stammeln
Kann kaum sich sammeln.
Mein Leben hängt in einer solchen Stunde
An deinem süßen, rosenweichen Munde,
Und will, bei deinem trauten Armumfassen,
Mich fast verlassen.
O! daß es doch nicht außer sich kann fliehen
Die Seele ganz in deiner Seele glühen!
Daß doch die Lippen, die voll Sehnsucht brennen,
Sich müssen trennen!
Daß doch im Kuß' mein Wesen nicht zerfließet
Wenn es so fest an deinen Mund sich schließet,
Und an dein Herz,
Das niemals laut darf wagen
Für mich zu schlagen!
Clarisse1 - 10. Jul, 09:05