Bücher

Montag, 24. September 2007

Bibliothekskadaver

von Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]

Sauber ausgerichtet stehen die Buchreihen – die Rücken glänzen matt. So viel Wissen, so viel Mühe, so viel Liebe steckt darin. Liebe des Autors und Liebe des Lesers. Die Bibliothek der verheirateten Herren wird jeden Morgen gut abgestaubt, die der Junggesellen hier und da gradegerückt – auf alle Fälle ist sie da. Wann wird sie gelesen?
Hermann Hesse hat einmal vor Jahren, als er noch seine ausgezeichneten Buchbesprechungen in dem verblichenen 'März' schrieb, eine Sortierung seiner Bücher vorgenommen und erzählt, was er alles nicht mehr haben und was er behalten möchte. Vorliebe erkaltet, Neigungen schlafen ein, Bücher, mit denen man wie verheiratet war, werden einem schließlich stumpf, reizlos, gleichgültig, und man liebelt mit neuen. Aber selbst abgesehen von der Frage des Zeitablaufs: wie viel tote Bücher hat jeder in den Regalen stehen, wie viel Attrappen, wie viel Kadaver! Und man kann sich nicht entschließen, sie herzugeben.
Daß es jemand, der von seines Geistes Arbeit lebt, heut fast unmöglich wird, Bücher zu kaufen, ist eine andre Sache – eine andre auch die Tragik der gepeitschten Bücherverkäufer, die, um wieder eine Woche leben zu können, die guten alten Lederbände hergeben. Aber das steht nun dort, und wir sehen jeden Morgen fast gewohnheitsmäßig hin, sind beruhigt, daß noch alles da ist, und fassen es nie an. Und ich bin überzeugt, daß den meisten etwas fehlte, wenn man ihnen die toten Bücher wegnähme – es ist so eine Art Rückendeckung: Nie liest du darin – aber sie sind doch da! So legt sich der Examinand das Geschichtsbuch unters Kopfkissen und schläft mit dem tröstlichen Bewußtsein der wissenschaftlichen Nähe ein . . .
Wenn sie den Nachlaß ordnen, werden sie staunen über die Vielfältigkeit deiner Interessen. Und wissen nicht, daß du jahre-, jahrzehntelang die Bände reihenweise nicht mehr angerührt hast – sie hatten nur dagestanden, wirkungsvolles Relief für Heimfotografien. Oder mehr? Seltsames Gefühl, so ein totes Buch noch einmal aufzuschlagen, wie der alte Mann in 'Immensee' tut: "Dann nickte er auch den Stuhl zum Tische, nahm eins der aufgeschlagenen Bücher und vertiefte sich in Studien, an denen er einst die Kraft seiner Jugend geübt hatte."
Streiche liebevoll über die Rücken. Im Gleiten liest deine Hand noch einmal alles, was du je geliebt.

. . . vor der Lektüre

Man wirft viel zu wenig fort, viel zu wenig – gut acht Zehntel aller Bücher zum Beispiel kann man getrost vor der Lektüre fortwerfen, ein Zehntel nach der Lektüre.Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]

Freitag, 21. September 2007

Neue Bücher

Jeder Leser kennt das Gefühl, mit dem man ein neues Buch in die Hand nimmt: man beriecht es erst einmal.Ignaz Wrobel [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]

Ja, lieber Tucho, wir Leserínnen kennen das Gefühl übrigens auch!

Richtige Bücher

Was ein richtiges Buch ist, das muß einen ganzen Haushalt durcheinanderbringen: die Familie prügelt sich, wer es weiterlesen darf, die Temperatur ist beängstigend, und Mittag wird überhaupt nicht mehr gekocht.Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]

Donnerstag, 20. September 2007

Neuerscheinungen

"Bitte geben Sie mir zwölf Neuerscheinungen – ich möchte damit nach der Scheibe schmeißen!" – das sagt leider keiner; der törichte Wettlauf mit den Schatten geht munter fort, als ob ein Buch dadurch besser wird, daß es eine Bauchbinde: "Soeben erschienen!" ziert!Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]

Dicke Bücher

Ich liebe dicke Bücher; man kann sie als Briefbeschwerer benutzen, damit einem im Zugwind nicht die Bogen wegfliegen; man kann andere, kleinere Bücher gegen sie stellen, sie behüten wie Großväter die jungen Kinder … dicke Bücher sind schön. Manchmal kann man auch in ihnen blättern.Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]

Samstag, 15. September 2007

Ohne Titel

Wieviel wird um Brot und wie wenig als Brot geschrieben.Christian Morgenstern (1871 – 1914)

Donnerstag, 13. September 2007

Der Bücherfreund

von Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

Ob ich Biblio- was bin?
Phile? »Freund von Büchern« meinen Sie?
Na, und ob ich das bin!
Ha! und wie!

Mir sind Bücher, was den andern Leuten
Weiber, Tanz, Gesellschaft, Kartenspiel,
Turnsport, Wein, und weiß ich was, bedeuten.
Meine Bücher – – – wie beliebt? Wieviel?

Was, zum Henker, kümmert mich die Zahl.
Bitte, doch mich auszureden lassen.
Jedenfalls: viel mehr, als mein Regal
Halb imstande ist zu fassen.

Unterhaltung? Ja, bei Gott, das geben
Sie mir reichlich. Morgens zwölfmal nur
Nüchtern zwanzig Brockhausbände heben – – –
Hei! das gibt den Muskeln die Latur.

Oh, ich mußte meine Bücherei,
Wenn ich je verreiste, stets vermissen.
Ob ein Stuhl zu hoch, zu niedrig sei,
Sechzig Bücher sind wie sechzig Kissen.

Ja natürlich auch vom künstlerischen
Standpunkt. Denn ich weiß die Rücken
So nach Gold und Lederton zu mischen,
Daß sie wie ein Bild die Stube schmücken.

Äußerlich? Mein Bester, Sie vergessen
Meine ungeheure Leidenschaft,
Pflanzen fürs Herbarium zu pressen.
Bücher lasten, Bücher haben Kraft.

Junger Freund, Sie sind recht unerfahren,
Und Sie fragen etwas reichlich frei.
Auch bei andern Menschen als Barbaren
Gehen schließlich Bücher mal entzwei.

Wie? – ich jemals auch in Büchern lese??
Oh, Sie unerhörter Ese – – –
Nein, pardon! – Doch positus, ich säße
Auf dem Lokus, und Sie harrten
Draußen meiner Rückkehr, ach dann nur
Ja nicht länger auf mich warten.
Denn der Lokus ist bei mir ein Garten,
Den man abseits ohne Zeit und Uhr
Düngt und erntet dann Literatur.

Bücher – Nein, ich bitte Sie inständig:
Nicht mehr fragen! Laß dich doch belehren!
Bücher, auch wenn sie nicht eigenhändig
Handsigniert sind, soll man hoch verehren.
Bücher werden, wenn man will, lebendig.
Über Bücher kann man ganz befehlen.
Und wer Bücher kauft, der kauft sich Seelen,
Und die Seelen können sich nicht wehren.

Ohne Titel

Über jedem gute Buche muß das Gesicht des Lesers von Zeit zu Zeit hell werden. Die Sonne innerer Heiterkeit muß sich zuweilen von Seele zu Seele grüßen, dann ist auch im schwierigsten Falle vieles in Ordnung.Christian Morgenstern (1871 – 1914)

Ohne Titel

Bücher haben viel Angenehmes für die, welche die richtigen aussuchen können; aber: ohne Schweiß kein Preis; wie die anderen Freuden ist auch die Freude an den Büchern nicht einfach und rein; es sind recht schwere Nachteile damit verbunden; die Seele ist bei der Lektüre tätig, aber der Körper, um den ich mich doch auch kümmern muß, bleibt dabei untätig, kommt herunter und verkümmert.Michel de Montaigne (1533 – 1592)

Helfen Sie mit!


Herzlich willkommen!


Hier geht's zum Log-in:

Sinniges


"Es gibt Worte, die nie gesagt werden dürfen, sonst sterben sie ..." – Kurt Tucholsky

Sofort lesen!


"Wer ein Buch zusammenstellt mit hilfreicher Weisheit, erdacht von anderen Köpfen, leistet der Menschheit einen größeren Dienst als der Verfasser eines Epos' der Verzweiflung." – Ella Wheeler Wilcox (1850 – 1919)

2017 in 4. Auflage erschienen:


... mehr

2010 erschienen:


Lektüreempfehlung

2018 in 3. Auflage erschienen:


... mehr

IN MEMORIAM


♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫

HELMUT ZEH

† 1. Juli 2005

♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫

Archiv


Juli 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
 
 
 
 
 
 

Haftungsausschluss


Ich übernehme keine Verantwortung und keine Haftung für die Inhalte der mit meiner Webseite verknüpften/verlinkten externen Webseiten.

Suche

 

Status


Online seit 6730 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 12. Nov, 12:53

Credits


Aphorismus
Aufgespießtes
Berlin
Bescheidenheit
Bücher
Dummheit
Eifersucht
Erste Saetze
Freundschaft
Frösche
Frühling
Galgenlieder
Geiz
Harz
Herbst
Katzen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren