Sprache ein Kunstwerk
von Arthur Schopenhauer (1788 – 1860)
Die Sprache ist ein Kunstwerk und soll als ein solches, also objektiv genommen werden, und demgemäß soll alles in ihr Ausgedrückte regelrecht und seiner Absicht entsprechend sein, und in jedem Satz muß das, was er besagen soll, wirklich nachzuweisen sein, als objektiv darin liegend: nicht aber soll man die Sprache bloß subjektiv nehmen und sich notdürftig ausdrücken, in der Hoffnung, der andere werde wohl erraten, was man meine; wie es die machen, welche den Casum gar nicht bezeichnen, alle Präterita durch das Imperfekt ausdrücken, die Präfixa weglassen, usw. Welch ein Abstand ist doch zwischen denen, die einst die Tempora und Modi der Verba und die Casus der Substantiva und Adjektiva erfunden und gesondert haben – und jenen Elenden, die dies alles zum Fenster hinauswerfen möchten, um, sich so ungefähr ausdrückend, einen ihnen angemessenen Hottentottenjargon übrigzubehalten! Es sind die feilen Tintenkleckser der jetzigen an allem Geist bankrotten Literaturperiode.
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Aus: Ueber Schriftstellerei und Stil. In: Parerga und Paralipomena II, § 289a
Die Sprache ist ein Kunstwerk und soll als ein solches, also objektiv genommen werden, und demgemäß soll alles in ihr Ausgedrückte regelrecht und seiner Absicht entsprechend sein, und in jedem Satz muß das, was er besagen soll, wirklich nachzuweisen sein, als objektiv darin liegend: nicht aber soll man die Sprache bloß subjektiv nehmen und sich notdürftig ausdrücken, in der Hoffnung, der andere werde wohl erraten, was man meine; wie es die machen, welche den Casum gar nicht bezeichnen, alle Präterita durch das Imperfekt ausdrücken, die Präfixa weglassen, usw. Welch ein Abstand ist doch zwischen denen, die einst die Tempora und Modi der Verba und die Casus der Substantiva und Adjektiva erfunden und gesondert haben – und jenen Elenden, die dies alles zum Fenster hinauswerfen möchten, um, sich so ungefähr ausdrückend, einen ihnen angemessenen Hottentottenjargon übrigzubehalten! Es sind die feilen Tintenkleckser der jetzigen an allem Geist bankrotten Literaturperiode.
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Aus: Ueber Schriftstellerei und Stil. In: Parerga und Paralipomena II, § 289a
Clarisse1 - 3. Jan, 14:58
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