Bücher

Donnerstag, 31. Januar 2008

Ohne Titel

Man kann sicher bei verschlossenen Augen in das erste beste Buch den Finger auf eine Zeile legen, und sagen, hierüber ließe sich ein Buch schreiben. Wenn man die Augen auftut, so wird man sich selten betrogen finden.Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799)

Bücher schreiben . . .

Schreibt man denn Bücher bloß zum Lesen? Oder nicht auch zum Unterlegen in die Haushaltung? Gegen eins, das durchgelesen wird, werden Tausende durchgeblättert, andere Tausend liegen stille, andere werden auf Mauslöcher gepreßt, nach Ratzen geworfen, auf andern wird gestanden, gesessen, getrommelt, Pfefferkuchen gebacken, mit andern werden Pfeifen angesteckt, hinter dem Fenster damit gestanden.Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799)

Freitag, 18. Januar 2008

Leseerfahrungen I

von Karl Immermann (1796 – 1840)

[...] Seit meinem zehnten Jahre entbrannte in mir ein Lesehunger, der sich lange fortsetzte und den ich jetzt mir hin und wieder wünschen möchte. Diese Krankheit erscheint fast in allen Kindern, welche mit einigem Talent ausgestattet wurden. Der bloße Anblick eines Buches versetzt das damit behaftete Kind in eine Art von zitternder Begierde, die weniger die Stillung einer eigentlichen Neugier sucht, sondern aus der ersten Ahnung von dem unermeßlichen Reiche des Wissens entspringt. Nur im Gedruckten, was es auch sei, lebt und webt das junge Geschöpf, die entlegensten Winkel werden aufgesucht, um die geliebte Speise in Muße verzehren zu dürfen, frühe Morgen- oder späte Abendstunden bringen keinen Schlaf in das nach den Lettern verlangende Auge.
Ich las, wessen ich nur habhaft werden konnte und genoß die seligsten Stunden bei dem, was ich verstand und – nicht verstand. Reisebeschreibungen, Biographien, Romane, Schauspiele wurden verschlungen. Aber auch das, was für meine Jahre von keinem Interesse sein konnte, war mir eine genehme Kost; ich arbeitete mich durch den ganzen weitschichtigen Abbé de la Pluche hindurch und sogar durch drei Bände von schlesischer Landwirtschaft, die ich mir aus des Vaters Bibliothek zu verschaffen gewußt hatte. Ich war unglaublich fertig im Schnellesen und ein nicht gar zu dicker Band kostete mich selten mehr als einen Tag.
Mein Vater aber, dem diese Wut gefährlich für die Sinne und Phantasie seines Sohnes vorkommen mochte, erließ plötzlich das geschärfteste Edikt, daß ich nichts mehr lesen solle, als was er mir in die Hand gebe, worauf mir denn von ihm schmale Portionen zugingen, wöchentlich etwa ein Buch, meistenteils Reisen.
Daß eine solche Untersagung, die in den vollen Wachstum des Naturtriebes einschnitt, nichts verfing, war natürlich. Ich befriedigte meine Gelüste nun heimlich, wie es nur immer angehen wollte, nur noch glücklicher im verbotenen Genuß. Eines Tages saß ich denn auch im stillen Hinterstübchen, hingenommen von einer alten Schwarte und meines Wähnens völlig sicher. Die Lektüre war eine völlig unschuldige; ich las in einer Wiener Übersetzung vom Jahre 1720 oder da so herum "des christlichen Märtyrers Polyeukt aus dem Französischen des Herrn Peter Corneille". – Polyeukt will sich taufen lassen, dann will er doch wieder nicht, weil seine Gemahlin schlechte Träume gehabt hat, und dann geht er doch mit Nearch ab, sich taufen zu lassen. Paulina, die Gemahlin, erzählt Stratonicen, daß sie Severen geliebt habe; aber:

Bei aller großen Brunst, die er und ich auch hatten,
Von meinem Vater nur erwartet ich den Gatten,
Wen er mir geben möcht, zu freien stets bereit . . .

Auch sie sagt, wie schlecht sie die Nacht geschlafen habe. Felix, der Landpfleger, kommt und meldet seiner Tochter, Sever, der alte, totgeglaubte Galan, lebe und sei vor den Toren von Melitene; sie müsse ihn durchaus mit Höflichkeit empfangen, da er ein großes Tier bei Hofe geworden sei. Paulina will nicht. Da sie aber eine Komposition von Tugend und Gehorsam ist, so wirkt der Vater mit seinem Ansehen auf die letzteren Spezies; und Paulina ruft:

Ja denn! Ich muß von neu'm bezähmen mein Gefühl,
Bin Eures Machtgebots ergebnes Opferspiel!

Bei diesen verhängnisvollen Worten ergriff mich die Nemesis. Ich hörte meinen Namen mit dem bekannten erschütternden Tone hinter mir rufen, erschrak, der christliche Märtyrer flog, wie sein Kopf im späteren Verlauf der Tragödie, blitzschnell unter den Tisch; ich wandte mich, mein Vater stand in der Kammer. Er sagte nichts, deutete nur mit dem Finger nach dem Buche, ich erhob es, reichte es ihm dar, ungefähr mit der Empfindung im Herzen, die ich nachmals, da ich den Polyeukt ohne Furcht lesen durfte, an Nearchen kennenlernte, als er nicht so rasch, wie der Held, in jene Ewigkeit einzugehen wünscht. Mein Vater sah das Titelblatt an, steckte das Buch zu sich, unbeweglich blieb sein Antlitz, kein Vorwurf überschritt die Lippen, schweigend verließ er die Kammer. Ich wußte aber, was es an der Zeit sei, noch ehe ein Dritter kam, der mir ankündigte, der Vater habe als Strafe festgesetzt, daß ich heute und morgen und übermorgen für mich bleiben solle und nicht am Tische der Eltern essen dürfe. Diese Ehrenbuße war mir die empfindlichste; aber weder meine Tränenklage noch die fürbittende Vorstellung des wohlwollenden Dritten, daß jener armenische Blutzeuge unter Kaiser Decius wohl unmöglich meine Einbildungskraft habe vergiften können, vermochte sie zu wenden. Es blieb bei der Sentenz und sie kam ohne Milderung zur Vollstreckung, denn mein Vater dachte, wie der große Kurfürst:

Ich will, daß dem Gesetz Gehorsam sei.

Aus: Memorabilien. Pädagogische Anekdoten.

Sonntag, 13. Januar 2008

Gesellschaft

von Johann Wolfgang Goethe (1749 – 1832)

Aus einer großen Gesellschaft heraus
Ging einst ein stiller Gelehrter zu Haus.
Man fragte: "Wie seid Ihr zufrieden gewesen?"
"Wären's Bücher", sagt' er, "ich würd sie nicht lesen."

Montag, 7. Januar 2008

Gutes Buch . . .

In einem guten Buche stehen mehr Wahrheiten, als sein Verfasser hineinzuschreiben meinte.Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916)

Mittwoch, 2. Januar 2008

"Tagelöhner"

Eine große Menge schlechter Schriftsteller lebt allein von der Narrheit des Publikums, nichts lesen zu wollen, als was heute gedruckt ist – die Journalisten. Treffend benannt! Verdeutscht würde es heißen "Tagelöhner".Arthur Schopenhauer (1788 – 1860)

Freitag, 28. Dezember 2007

Bücher lesen . . .

Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne.Jean Paul (1763 – 1825)

Freitag, 14. Dezember 2007

Bibliothek

von Achim von Arnim (1781 – 1831)

Da sitz ich nun so manchen Tag
Ganz müßig vor den Schränken,
Weil ich kein Buch mehr lesen mag,
Weil mich die Worte kränken.
Ich hör kein Wort von ihm und ihr,
Verschlossen ist die Kerkertür.

Ich sehe voll Bewundrung an
Dies schlechte Buch mit Schwänken
Wie einer sowas schreiben kann
Ich kanns nicht überdenken
Ich denk und schreib an ihn, an sie
Und beug zum Beten meine Knie.

Wie soll ich Ordnung bringen hier
In so viel tausend Bände,
Des Feuers Ungeduld in mir
Wirft Blicke hin wie Brände,
Es brennt in mir nach ihm nach ihr,
Verbrennen möcht ich alles hier!

Ich sprech wie jener Muselmann
Von den Bibliotheken.
Was gut, im Koran traf ich's an,
Das andre sind Scharteken:
Was ich nicht find in ihm, in ihr
Ist unwert das ich's registrier.

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Leben ist aussuchen . . .

von Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 –1935)]

Leben ist aussuchen. Und man suche sich das aus, was einem erreichbar und adäquat ist, und an allem andern gehe man vorüber. Ließe man mich auf André Gide, auf Paul Claudel, auf Robert Musil los: das gäbe ein rechtschaffenes Unglück. Ich verstehe sie nicht; sie sagen mir nichts; ich weiß gar nicht, was ihre Schriften zu bedeuten haben. Ich habe mich bemüht: ich weiß es nicht. Ich spüre die geistige Potenz – das genügt aber nicht. Also habe ich zu schweigen, wenn von ihnen die Rede ist, und nicht etwa zu glauben, dadurch, daß ich eine Meinung über sie abgebe, hätte ich sie schon verdaut.
________________________
Aus: "Die Aussortierten" (1931)

Dienstag, 27. November 2007

Nachsichtiges Publikum

Ein guter Autor wird immer fürchten, daß das Publikum merke, welche Gedanken ihm zu spät eingefallen sind. Aber das Publikum ist darin viel nachsichtiger als man glaubt, und merkt auch die Gedanken nicht, die da sind.Karl Kraus (1874 – 1936)

Helfen Sie mit!


Herzlich willkommen!


Hier geht's zum Log-in:

Sinniges


"Es gibt Worte, die nie gesagt werden dürfen, sonst sterben sie ..." – Kurt Tucholsky

Sofort lesen!


"Wer ein Buch zusammenstellt mit hilfreicher Weisheit, erdacht von anderen Köpfen, leistet der Menschheit einen größeren Dienst als der Verfasser eines Epos' der Verzweiflung." – Ella Wheeler Wilcox (1850 – 1919)

2017 in 4. Auflage erschienen:


... mehr

2010 erschienen:


Lektüreempfehlung

2018 in 3. Auflage erschienen:


... mehr

IN MEMORIAM


♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫

HELMUT ZEH

† 1. Juli 2005

♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫ ♪ ♫

Archiv


April 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 

Haftungsausschluss


Ich übernehme keine Verantwortung und keine Haftung für die Inhalte der mit meiner Webseite verknüpften/verlinkten externen Webseiten.

Suche

 

Status


Online seit 6630 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 12. Nov, 12:53

Credits


Aphorismus
Aufgespießtes
Berlin
Bescheidenheit
Bücher
Dummheit
Eifersucht
Erste Saetze
Freundschaft
Frösche
Frühling
Galgenlieder
Geiz
Harz
Herbst
Katzen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren