Dienstag, 17. Juni 2008

Zum Geburtstag

von Richard Fedor Leopold Dehmel (1863 – 1920)

Mit einer Handvoll Haselnüsse

Lieber Vater! ich kann dir garnichts schenken,
blos mein kleines Herz und alle meine Küsse,
und – eins, zwei, drei, vier, fünf Haselnüsse,
dabei kannst du dir
was Wunderschönes denken.
Du kannst dir denken, jede Nuß
hat ein kleines Herz, noch kleiner als das meine;
und hätte sie auch zwei kleine Beine,
lief' sie auf dich zu und gäb' dir einen Kuß,
einen wundervollen, herzhaften Geburtstagskuß!

Sonntag, 15. Juni 2008

Wahre Freunde

Diß sind wahre Freunde nicht / welche gutte Worte geben /
Und / was von dem Freunde kommt / alles in den Himmel heben.
Hans Aßmann von Abschatz (1646 – 1699)

Samstag, 14. Juni 2008

Die Karte für den Pfirsich-Melba

von Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)] – Aus: Ein Pyrenäenbuch. Berlin: Die Schmiede 1927.

Wir haben es mit den Schildern. Jakopp hat es außerdem noch mit dem Wasserwerk in Hamburg, Karlchen hat es mit den Mädchen, und ich sehe zu. Aber sonst haben wir es mit den Schildern. Am liebsten hätten wir den Kosmos so, daß an jedem Ding dransteht, was es ist, damit man es weiß. Wir freuen uns immer furchtbar, wenn wir sehn, wie an einem Spucknapf ein Schild hängt: SPUCKNAPF, damit niemand glaube, es sei ein Alligator. Hans Reimann, ein geübter Hausdieb, pflegt solche Schilder zu klauen, seine Wohnung ist voll davon, und er hat sehr schöne. Und es ist auch praktisch und gibt ein beruhigendes Gefühl, gleich überall gedruckt vor sich zu haben, worum es sich handelt.
Wenn also Karlchen zu mir zu Besuch kommt, dann hänge ich ihm eine Zimmer-Ordnung ins Zimmer – immer hübsch ordentlich. Etwa so:

ZIMMER-ORDNUNG

1. Dieses ist ein Zimmer.
2. Das Benutzen dieses Zimmers ist nur zu Wohn- beziehungsweise Schlafzwecken gestattet.
3. Das Mitbringen von fremden Weibspersonen ist fast gar nicht gestattet. Dieselben sind vorher dem Ortskommandanten vorzulegen, der sie überprüft.
4. Das Lärmen, Musizieren, das Handeln mit Apfelsinenkernen sowie das Abbrennen von Feuerwerks- und andern Körpern ist auf dieser Wiese strengstens verboten –
und so fort. Den Vogel aber hat Jakopp abgeschossen. [. . .] Hier geht's weiter.

Freitag, 13. Juni 2008

Aber öffne . . .

von Maria Luise Weissmann (1899 – 1929)

Aber öffne nur die Türe,
Aber tritt nur auf die Schwelle,
Hebe kaum den Blick und spüre
Schon die ungeheure Helle,
Schon den Glanz der leeren Räume,
Die wie Wiese rasch erblühten,
Schon den Tanz der schweren Träume,
Die sich hoben, die erglühten . . .
Zärtliche beschwingte Welle,
Sieh, kein Lufthauch, der nicht rühre – –
Aber tritt nur auf die Schwelle,
Aber öffne nur die Türe!

Donnerstag, 12. Juni 2008

Aus aktuellem Anlass . . .


von Klabund [i. e. Alfred Henschke (1890–1928)] – Aus: XYZ. Spiel zu dreien in drei Akten. 3. Akt. Leipzig: Reclam 1928.

[...]

Y. Gib mir eine Zigarette und lies mir etwas aus der Zeitung vor – vielleicht steht da etwas Interessantes drin. Du hast's ja nicht geschrieben – vielleicht hat unser Diener etwas rot angestrichen

Z liest. Die Preußen griffen mit voller Wucht an. Es entspann sich ein erbittertes Ringen, bis nach fünfzehn Minuten der rechte Flügel der Bayern durchbrach und sich mit Vehemenz auf die überraschten Preußen stürzte

Y. O Gott! Wie furchtbar!

Z. Die Preußen hatten mit ihren Schüssen Pech. Es waren fast immer Fehlschläge. Fünf Minuten vor drei kam es zum Handgemenge – ein wüster Knäuel von Leibern wälzte sich am Boden. Blut spritzte

Y. Entsetzlich dieser ewige Krieg zwischen Bayern und Preußen

Z. Krieg? Krieg? Wer redet denn von Krieg? Hör doch richtig zu und sperr die Ohren auf. Ich lese dir doch von dem großen Fußballwettkampf Preußen gegen Bayern

Y. Affe [...]

Deutsche Interpunktion

Deutsche Interpunktion ist, wenn jeder macht, was er will.Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)] – Aus: , . Die Weltbühne, 27.10.1931.

Mittwoch, 11. Juni 2008

einzig . . . erstmalig . . . einmalig

Man muß sich wohl, um ein starkes Erlebnis zu haben, in dem schönen Glauben wiegen, der Einzige, der Erstmalige, der Einmalige zu sein.Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)] – Aus: Der Bahnhofsvorsteher. Vossische Zeitung, 20.10.1924.

Dienstag, 10. Juni 2008

Aufgespießt XXVIII

Ich habe zwar stets begriffen, wie einer Sport treiben kann: wie man aber nur und nichts als zusehen kann, wenn andere es tun, wird mir ewig verschlossen bleiben. Beim Pferdesport liegt die Sache ganz klar; beim Fußball bleibt mein Gehirnfach leer.
Peter Panter [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)] – Aus: Der Geistige und der Sport.

Montag, 9. Juni 2008

Bescheidener Dummkopf gesucht . . .

Wenn ich doch einmal nur einem bescheidenen Dummkopf begegnete, der meine Sprache nicht versteht und darum an seinem Gehör zweifelt!Karl Kraus (1874 – 1936)

Samstag, 7. Juni 2008

Das Dämonium der Liebe

von Grete Meisel-Hess (1879 – 1922). – Aus: Grete Meisel-Hess: Die sexuelle Krise. Eine sozialpsychologische Untersuchung. Jena: Eugen Diederichs 1909.

Ihre Phänomene in der Wahl / „Liebeswellen?“ / Reizbiologie / Der Eros der Diotima / Das Dämonium in den Symbolen des Sommernachtstraumes / Der Siegfried-Brunhild-Mythos / Aspira / Das Weib als Zerstörerin / Seine Rolle in der Literatur / Ersatz des Dämons durch ein neues Liebesideal.

Bei vielen wilden Völkern ist die Liebe im Sinne von Gemütshinneigung nur zwischen Blutsverwandten, aber kaum zwischen Mann und Weib bekannt. So soll zum Beispiel auf der Insel Ponopé (nach Finsch) wohl die Paarung und die Ehe, nicht aber die „Liebe“ ein bekannter Zustand sein. „Auf der Insel Ponopé“ / ein Motiv für Lyriker!
Was ist uns die Liebe? Es gibt eine Art der Entscheidung in der Sexualwahl, die man nicht nur Liebe, sondern Ehe auf den ersten Blick nennen könnte. Das Wesen der Freundschaft können wir ermessen, es wurzelt in der Zuneigung der Gesinnungen, aber die Magie der Liebe ist durch keinerlei Vernunftgründe erklärbar. Ein Mann sieht eine Frau auf der Straße: das wird meine Frau. Ein junger hochgebildeter Mensch, reich, von Adel, in akademischer Laufbahn, verlobt sich mit einer dicken Köchin, heiratet sie und verläßt sie nie mehr. [. . .] Hier geht's weiter.

Freitag, 6. Juni 2008

Eifersucht


"[...] Die Eifersucht hingegen ist eine Art von Neid; und Neid ist ein kleines, kriechendes Laster, das keine andere Befriedigung kennet, als das gänzliche Verderben seines Gegenstandes. Sie tobet in einem Feuer fort; nichts kann sie versöhnen; da die Beleidigung, die sie erwecket hat, nie aufhöret, die nämliche Beleidigung zu sein, und immer wächset, je länger sie dauert: so kann auch ihr Durst nach Rache nie erlöschen, die sie spat oder früh, immer mit gleichem Grimme, vollziehen wird. [...]"

Aus: Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781): Hamburgische Dramaturgie. Ein und dreißigstes Stück. Den 14ten August, 1767.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Ungelenk . . .

Wenn er seinen Verstand gebrauchen sollte, so war es ihm als wenn jemand, der beständig seine rechte Hand gebraucht hat, etwas mit der linken tun soll.Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799)

Dienstag, 3. Juni 2008

Die Eifersucht

von Salomon Gessner (1730 – 1788)

Die wütendste der Leidenschaften ist Eifersucht; die giftigste der Schlangen, die Furien in unsern Busen werfen. Das hat Alexis empfunden. Er liebte Daphnen, und Daphne liebte ihn. Beyde waren schön; er männlich braun; sie weiß und unschuldig, wie die Lilie wenn sie am Morgenroth sich öffnet. Sie hatten sich ewige Liebe geschworen; Venus und die Liebesgötter schienen jede Gutthat über sie auszugiessen. Der Vater des Alexis hatte von einer schweren Krankheit sich erholt. Sohn, so sprach er, ich hab' ein Gelübde gethan, dem Gotte der Gesundheit sechs Schafe zu opfern: Geh hin, und führe die Schafe zu seinem Tempel. Zwo lange Tagreisen weit war's zum Tempel des Gottes. Mit Thränen nahm er Abschied vom Mädgen, als hätt' er ein weites Meer zu befahren, und traurig trieb er die Schafe vor sich her. Sich so entfernend seufzt' er, wie die Turteltaube seufzt, den langen Weg hin; gieng durch die schönsten Fluren, und sah sie nicht; die schönsten Aussichten verbreiteten sich, und er fühlte ihre Schönheit nicht; er fühlte nur seine Liebe, er sah nur sein Mädgen, sah sie in ihrer Hütte, sah sie bey den Quellen im Schatten, hörte seinen Namen sie nennen, und seufzte. So gieng er hinter seinen Schafen her, verdrüssig daß sie nicht schnell sind wie Rehe, und kam zum Tempel. Das Opfer ward gebracht, geschlachtet, und er eilt von Liebe beflügelt nach seiner Heimath zurück. In einem Gebüsche drang ein Dorn tief in seine Fußsole, und der Schmerz erlaubte ihm kaum zu einer nahen Hütte zu schleichen. Ein gutthätiges Paar nahm ihn auf, und belegte mit heilenden Kräutern seine Wunde. Götter, wie bin ich unglücklich, so seufzt er immer, und staunt und zählt jede Minute; jede Stunde scheint ihm eine traurige Winternacht; und endlich goß eine ungünstige Gottheit das Gift der Eifersucht in sein Herz. Götter! Welch ein Gedanke! So murmelt er, und sah wütend umher: Daphne könnte mir ungetreu seyn! Häßlicher Gedanke! Aber Mädgen sind Mädgen, und Daphne ist schön; wer sieht sie ohne zu schmachten? Und schmachtet nicht Daphnis schon lange? [. . .] Hier geht's weiter.

Tagebuch der Bertha K.

von Peter Altenberg (1859 – 1919)

Ist es denn wirklich so schwierig, einem Manne, der für unser Wohl sorgt, Eifersuchtsqualen zu ersparen?!?
Es ist direkt ein "Kinderspiel".
Man vermeidet ganz einfach Alles, ununterbrochen, was ihn a u f r e i z t,
k r ä n k t, v e r l e t z t, was weiß ich für Zustände normaler oder pathologischer Natur?!?
Aber was eben kommt dabei schließlich für Uns heraus?!?
Er langweilt sich mit uns "g a n z
S i c h e r e n" tödlich. –
Es gibt zwar m e r k w ü r d i g e Männer, die diese L a n g w e i l e gar nicht spüren.
Aber S o l c h e n irgend Etwas b i e t e n zu wollen mit sich selbst, ist ja fast ein Irrsinn!
Wozu also sind wir denn dann überhaupt vorhanden?!?
Ein Mann, den wir nicht t ö d l i c h
l a n g w e i l e n, wenn Alles "glatt geht",
was für ein A s i n u s ist Das?!?

Montag, 2. Juni 2008

Leben heißt Sehnsucht verehren

von Max Dauthendey (1867 – 1918)

Über den leeren mächtigen Bäumen
Hängen die schmächtigen Sterne,
Umdrängen den Mond im Kreise.
Sehnsüchte leben auch in den prächtigen Himmelsräumen,
Und auch Gestirne kommen aus ihrem Geleise.
Keine Sonne, kein Stern kann sich der Sehnsucht erwehren,
Alle Leben leiden und lachen auf gleiche Weise.
Leben heißt Sehnsucht verehren;
Niemals der Tod, die Geliebte allein kann dir Ruhe bescheren.

Nach dem Gewitter

von Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

Der Blitz hat mich getroffen.
Mein stählerner, linker Manschettenknopf
Ist weggeschmolzen, und in meinem Kopf
Summt es, als wäre ich besoffen.

Der Doktor Berninger äußerte sich
Darüber sehr ungezogen:
Das mit dem Summen wär' typisch für mich,
Das mit dem Blitz wär' erlogen.

Sonntag, 1. Juni 2008

Unwetter

von Detlev von Liliencron (1844 – 1909)

Der Sturm preßt trotzig an die Fensterscheiben
Die rauhe Stirn; tiefschwarze Wolken treiben
Wie Fetzen einer Riesentrauerfahne,
Und schnell wie Bilder ziehn im Fieberwahne.

Wie Rettung suchend, zog, von Angst befangen,
In meine Arme dich ein heiß Verlangen.
Wie hold das war: Ein Blättchen, sturmgetrieben,
Flog mir ans Herz, dort ist es auch geblieben.

Unwetter

von Alfred Lichtenstein (1889 – 1915)

Erstarrter Mond steht wächsern,
Weißer Schatten,
Gestorbnes Gesicht,
Über mir und der matten
Erde.
Wirft grünes Licht
Wie ein Gewand,
Ein faltiges,
Auf bläuliches Land.

Aber vom Rand
Der Stadt steigt sanft
Wie fingerlose, weiche Hand
Und furchtbar drohend wie Tod
Dunkel, namenloses . . .
Wächst höher her
Ohne Ton,
Ein leeres, langsames Meer –

Erst war es nur wie eine müde
Motte, die auf letzten Häusern kroch.
Jetzt ist es schwarz blutendes Loch.
Hat schon
Die Stadt und den halben Himmel verschüttet.

Ach, wär ich geflohn! –
Nun ist es zu spät.
Mein Kopf fällt in die
Trostlosen Hände
Am Horizont ein Schein wie ein Schrei
Kündet
Entsetzen und nahes Ende.

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"Es gibt Worte, die nie gesagt werden dürfen, sonst sterben sie ..." – Kurt Tucholsky

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IN MEMORIAM


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HELMUT ZEH

† 1. Juli 2005

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